High Level Political Forum on Sustainable Development 2021: DIE mit stellvertretender Direktorin in verschiedenen Gesprächsrunden und eigener Veranstaltung vertreten

Die Beratungen des High Level Political Forum on Sustainable Development (HLPF) fanden auch 2021 virtuell statt. Sie widmeten sich den Möglichkeiten und Perspektiven einer nachhaltigen und resilienten Krisenbewältigung anlässlich der COVID-19-Pandemie, im Sinne einer inklusiven und effektiven Umsetzung der Agenda 2030. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) war dabei hochrangig mit seiner stellvertretenden Direktorin, Prof. Dr. Imme Scholz, in unterschiedlichen Gesprächsrunden vertreten, etwa in ihrer Rolle als als Co-chair der Independent Group of Scientists, als stellvertretende Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und bei einem Side Event der Europäischen Union. Zudem veranstaltete das DIE ein Side Event zum Thema „Global Policy Roundtable: As governance crises worsen COVID-19 impact, is SDG 16 key for recovery?”

Am 9. Juli 2021 informierte Prof. Dr. Scholz als Co-chair der Independent Group of Scientists (IGS) die Mitgliedstaaten der UN über die wesentlichen inhaltlichen Bestandteile des nächsten Global Sustainable Development Report (GSDR), der 2023 erscheinen soll, informiert. Die Sitzung wurde von Prof. Dr. John Agard (University of the West Indies), ebenfalls als Co-chair der IGS, geleitet. Es gab ein großes Interesse an den beiden Leitfragen: Wie haben sich durch Covid-19, dadurch erneut zunehmende Armut und weitere Trends wie die Klimaneutralität die Bedingungen für die Umsetzung der SDGs geändert? Wie können die Hebel für die Umsetzung – z.B. Wirtschafts- und Finanzpolitik, individuelles und kollektives Handeln, Governancestrukturen – wirksamer gestaltet und genutzt werden? Am Abend des 9. Juli sprach Prof. Dr. Scholz außerdem auf der Sitzung des HLPF zum Thema „Mobilizing science, technology and innovation (STI) and strengthening the science-policy-society interface”. Prof. Dr. Imme Scholz unterstrich, dass Pfade zur Nachhaltigkeit kontextspezifisch und wissensintensiv seien. Die schwachen Forschungs- und Innovationssysteme in vielen Entwicklungsländern stellten eine große Hürde für die Transformation dar. Investitionen in STI seien daher auch als Investitionen für das globale Gemeinwohl zu verstehen und griffen zu kurz, wenn sie vor allem der Stärkung des eigenen Wissenschaftssystems und wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit dienen sollen. Schließlich habe auch die Pandemie gezeigt, dass ein gut funktionierendes science-policy-society interface hilfreich für eine gute Einhegung des Virus ist.

Am 12. Juli 2021 veranstaltete der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) ein virtuelles Side Event zum HLPF und diskutierte die Frage, welche Funktionen Nachhaltigkeitsräte (Multistakeholder Advisory Bodies) in der (Nachhaltigkeits-)Politik einnehmen und mit welchen Inhalten Beratungsgremien zu einer zukunftsorientierten Politik beitragen können. Prof. Dr. Imme Scholz sprach als stellvertretende Vorsitzende des RNE über erfolgreiche Interventionen des RNE (Stellungnahme zu nachhaltigen Ernährungssystemen 2020 und die langjährige Arbeit zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex für Unternehmen sowie zu sustainable finance, u.a. mit der Börse Frankfurt). Außerdem betonte sie, dass Beratungsgremien an Gewicht gewönnen, wenn es ihnen gelinge, ambitionierte Kompromisse zwischen verschiedenen stakeholdern auszuhandeln und wenn die Beziehung zwischen Regierung und Beratungsgremien von Vertrauen und gegenseitigem Respekt vor der jeweiligen Autonomie und Rolle getragen sei.

Auch das Side Event der Europäischen Union (EU) am 14. Juli 2021 widmete sich dem Thema „Building a better world after COVID-19“ aus einer globalen Perspektive. Prof. Dr. Imme Scholz vertrat das DIE und die IGS und präsentierte die bisherigen Entwicklungen im Prozess des neuen GSDR. Im Besonderen betonte sie, dass sich die Armut, der Hunger und soziale Ungleichheiten im Zuge der Pandemie verschlimmert hätten; gleichzeitig seien sich Expert*innen einig, dass ein Festhalten an den SDGs die Krisenfestigkeit von Gesellschaften stärken werde. Neuere Berichte von UNEP [1] und Weltbank [2] zeigten, dass der Abbau extremer Ungleichheiten einer umweltverträglichen Wirtschaft diene und dass die Kosten des Nichthandelns enorm seien. Wichtig sei, die Hebelwirkung rechtlicher Rahmensetzungen und wirtschaftlicher Anreize zu nutzen, um transformatives kollektives und individuelles Handeln in Gang zu setzen. Für Niedrig- wie Mitteleinkommensländer sei jedoch zentral, finanzielle Spielräume zu gewinnen, um Pandemiebewältigung und Transformation miteinander verknüpfen zu können, wie es die EU mit dem Green Deal und dem Next Generation EU Fund anstrebe. Dafür seien sowohl Schuldenumstrukturierungen und –erlasse als auch Stärkung und Reformen der Steuersysteme erforderlich. Auch müssten die einzelnen Handlungsfelder des European Green Deal durch Maßnahmen der internationalen Zusammenarbeit unterstützt werden, um Entwicklungsländer nicht zu überfordern und um negative Wirkungen auf sie zu vermeiden. Prof. Dr. Imme Scholz schloss ihren Vortrag mit dem Hinweis, dass unbedingt vermieden werden müsse, dass Strategien zur Klimaneutralität bis 2045 zu Lasten der Nachhaltigkeitspolitik gingen. Vielmehr profitiere auch die Klimapolitik davon, wenn sie sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltig konzipiert werde. Der Vortrag von Prof. Dr. Imme Scholz sowie das ganze EU Side Event sind hier nachzusehen und zu -hören: UN HLPF SIDE-EVENT ‘THE SDGS AS THE COMPASS FOR RECOVERING AFTER THE PANDEMIC AND BUILDING FORWARD BETTER’ – Streaming Service of the European Commission (europa.eu).

Bereits am 6. Juli 2021 organisierten das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das Oslo Governance Center (OGC) des UNDP und Southern Voice eine offizielle Nebenveranstaltung des HLPF in Form eines Global Policy Roundtables unter dem Titel „As governance crises worsen COVID-19 impact, is SDG 16 key for  recovery?“

Die Covid-19-Pandemie hat die systemischen Zusammenhänge zwischen der sozioökonomischen menschlichen Entwicklung und dem Schutz natürlicher Ressourcen ins Rampenlicht gerückt. Der erfolgreiche Umgang mit diesen Verflechtungen im Hinblick auf eine integrierte Nachhaltigkeitsgovernance ist unabdingbar, um künftig systemische Risiken zu minimieren und Governance-Strukturen besser aufzubauen. COVID-19 hat Fortschritte in allen SDGs, einschließlich SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und Inklusion), zunichtegemacht. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da eine wirksame, rechenschaftspflichtige und integrative Regierungsführung eine wichtige Voraussetzung für die integrierte Umsetzung der Agenda 2030 ist und für die Erholung nach der Pandemie entscheidend sein wird.

In einem Roundtable wurden die neuesten Forschungsergebnisse und Expertisen zu diesem Thema mit Perspektiven aus dem Globalen Süden zusammengeführt und folgende Fragen behandelt: Was sind neue Trends zu SDG 16? Wie hat sich die COVID-19-Pandemie in verschiedenen Kontexten auf die Fortschritte bei diesem Ziel ausgewirkt?  Frieden, Gerechtigkeit und Inklusion können Fortschritte bei der Agenda 2030 insgesamt unterstützen, auch in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Umwelt. Was wissen wir über diese „SDG 16-Verflechtungen“ und wie können wir sie proaktiv als Hebel für die Erholung nutzen? Bei der Veranstaltung wurden u.a. auch Forschungsergebnisse zu den Verbindungen zwischen SDG 16 innerhalb der Agenda 2030 vorgestellt.


 [1]Making Peace With Nature | UNEP – UN Environment Programme

 [2]The Economic Case for Nature : A Global Earth-Economy Model to Assess Development Policy Pathways (worldbank.org)