Professur für globalen Wandel und systemische Risiken

Der Begriff des „globalen Wandels“ umfasst eine Reihe von Veränderungsprozessen, z.B. des Klimas, der natürlichen Ressourcen (insbesondere deren Erschöpfung), der Weltwirtschaft (einschließlich der Ungleichheiten zwischen und innerhalb verschiedener Regionen der Erde), der Technologie (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Digitalisierung, Genetik oder Nanotechnologie) sowie der gesellschaftlichen Strukturen und Werte.
All diese Prozesse haben zwar ihre eigenen Triebkräfte, sind aber oft miteinander verbunden. Die umfassendste, wenn auch noch unvollständige, Darstellung dieser komplexen Zusammenhänge ist die UN-Agenda 2030, die eine Vision für eine nachhaltige Entwicklung formuliert. Die Agenda 2030 gliedert diese Vision in 17 Ziele, die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), welche durch 169 Unterziele weiter spezifiziert werden, die wiederum mit mehr als 200 Indikatoren unterlegt und, soweit möglich, quantifiziert werden.
Die Analyse des Fortschritts der Indikatoren zeigt, dass sich einige von ihnen in eine nachhaltige – oder „sichere“ – Richtung entwickeln (z.B. die meisten Indikatoren im Zusammenhang mit der Gesundheit), während andere auf einem nicht nachhaltigen – oder „riskanten“ – Weg sind (z.B. Indikatoren im Zusammenhang mit dem Klima). Die Koexistenz von „sicheren“ und „riskanten“ Entwicklungen ist ein inhärentes Merkmal des globalen Wandels.
Das in den letzten Jahrzehnten entwickelte Konzept des „Risikos“ wurde nicht nur für die Analyse, sondern auch für das Management einer Reihe von unterschiedlichen Prozessen in verschiedenen Sektoren, sei es in der Industrie, im Gesundheitswesen oder im Umweltsektor, erfolgreich eingesetzt. Während die Einzelheiten des Risikoansatzes in den verschiedenen Bereichen unterschiedlich sind, sind seine Kernprinzipien die gleichen, so dass die Verfahren miteinander verglichen und aufeinander abgebildet werden können. Es gibt zwar keine allgemeine Vorlage für die Anwendung der Risikotheorie auf die nachhaltige Entwicklung, in den meisten Fällen kann aber die Entwicklung von SDG-Indikatoren mit einer Zu- oder Abnahme eines quantifizierbaren Risikos in Verbindung gebracht werden.
Meistens werden Risiken immer noch aus sektoraler Perspektive betrachtet, in der man sich nur auf einen Indikator oder eine kleine Gruppe verwandter Indikatoren konzentriert. Ein solcher „Silo-Ansatz“ ist hilfreich, um erste Erkenntnisse und Daten zu gewinnen, und kann sogar Lösungen für mehrere Anwendungsbereiche bieten. So hat er sich zum Beispiel in einer ersten Generation des Umweltkatastrophen-Risikomanagements als sehr erfolgreich erwiesen. Viele Probleme im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung, insbesondere auf globaler Ebene, erfordern jedoch einen umfassenderen und systemischen Ansatz. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn verschiedene Teilziele im Widerspruch zueinanderstehen, so genannte Trade-offs. Um nur einige zu nennen:
- Der zum Ausbau der Elektromobilität in Europa nötige Mineralienabbau für die Herstellung von Batterien erfolgt oft unter katastrophalen Menschenrechtsbedingungen;
- die Biokraftstoffproduktion wird vermutlich zunehmend mit der Nahrungsmittelproduktion um landwirtschaftliche Flächen konkurrieren; und
- Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion könnten zu einer bedeutenden Transformation des Arbeitsmarktes führen, was mit einem erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen in der traditionellen Produktion einhergehen kann.
Ein allgemein anwendbarer Ansatz für das Verständnis und Management systemischer Risiken muss erst noch entwickelt werden. Dies stellt ein vielversprechendes Gebiet für die zukünftige Forschung dar, da es unumgänglich sein wird, die komplexen und trade-off-behafteten Fragen einer modernen nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen.
Team

Wissenschaftlicher Direktor /
Professor für Globalen Wandel und Systemische Risiken an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn
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Waltraud Eßer
Sekretärin des Wissenschaftlichen Direktors
Finanzadministratorin
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